Düfte nach frisch gebackenen Bratäpfeln, Weihnachtskeksen und Stollen ziehen von Haus zu Haus - den nächtlichen Himmel empor. Weihnachten liegt in der Luft.
Draußen in der dunklen und kalten Abendluft begegnen sich Hund und Katz. Einer groß und verstrubbelt, der Andere klein und dreibeinig. Abermillionen Sternlein funkeln über ihn. Der pralle Mond erleuchtet ihre Silhouetten. Die fröhlichen Klänge der Weihnachtslieder von „Oh Tannenbaum" und „Kling, Glöckchen, klingelingeling" wehen leise zu ihnen herüber.
„Hallo Karl, spürst du auch diese Aufregung?“, fragt die Katze leise miauend.
„Oh und wie, Felix!“, erwidert der strubbelige Hund seufzend.
„Alle laufen wie die flüchtenden Vögel durch die Gegend. Einmal ist mein Frauchen sogar über mich gestolpert. So eilig hatte sie es, dass sie mich nicht gesehen hat.“, berichtet der dreibeinige Felix empört.
„Päh, das kenne ich. Ich lag wir sonst üblich auf meiner Kuscheldecke auf dem Sofa. Beinahe wurde ich aufgesaugt. So schnell kam ich gar nicht runter, wie der Staubsauger hin und her sauste.“, brummelte der ältere Karl.
„Wie gut, dass der ganze Irrsinn bald ein Ende hat. Dann kann ich endlich wieder träge vor dem warmen Kamin liegen und muss bei der Hektik nicht immer nach draußen flüchten.“, beschwert sich Felix mauzend.
„Bei mir ist es inzwischen soweit, dass ich für die Abendrunde meiner Geschäfte nur noch in den Garten geschickt werde.“, grummelt Karl, „Keine Zeit, sagen sie andauernd.“
Seufzend setzen sich beide wärmend dicht an dicht nebeneinander und genießen den Moment der Ruhe. Ihre Augen wandern wie von selbst zu dem hell erleuchteten Haus gegenüber.
Karls Frauchen wuselt in der Küche herum, scheucht das Herrchen mit dem Handtuch jedes Mal wieder aus der Küche hinaus, um ihn irgendetwas schnell holen zu lassen. Ehe er auch nur in Versuchung kommen kann, etwas naschen zu können.
Im Nachbarhaus - bei Felix – sieht es nicht viel anders aus. Die Kinder laufen wild schreiend um den Weihnachtsbaum herum. Während die Eltern versuchen die glitzernden Kugeln adäquat an den Baum zu bekommen. Jede Kugel muss anscheinend ihren bestimmten Platz haben.
„Felix, ich habe den Eindruck, dass bei unseren Leuten von Jahr zu Jahr Weihnachten immer hektischer wird.“ Karl legte seinen Kopf seufzend auf seine dunklen Pfoten ab.
„Ja, es muss immer besser sein als das Jahr davor.“, grummelte Felix. Unverständnis breit sich bei den beiden Fellnasen aus. All dieser Stress. Wofür soll er gut sein?
Traurig fragt Felix im nächsten Atemzug: „Weißt du was mir am meisten fehlt, Karl?“
„Lass mich raten, dein Kratzbaum?“, schnaubt Karl verächtlich. Denn dieser war von haufenweisen Weihnachtskisten gar nicht mehr zu erkennen. Überall war der akribisch sortierte Baumschmuck verteilt.
„Nicht unbedingt. Ich habe hier draußen Bäume.“, erwidert der getigerte Felix empört, so reduziert zu werden. „Aber kennst du diese besonderen Momente nicht auch? Alle sitzen oder liegen abends entspannt auf dem Sofa oder Boden, erzählen sich etwas oder spielen zusammen. Man kann sich einfach dazu liegen und wird mit diesen himmlischen Streicheleinheiten verwöhnt.“, schwärmt er lebhaft.
„Oh ja. Diese stillen und ruhigen Momente mit meinen Leuten. Am warmen Fußende zu liegen und gestreichelt zu werden. Wie ich das vermisse.“, antwortet Karl wehmütig.
Sehnsüchtig seufzend kuscheln sich Karl und Felix aneinander. Beide sind tief in diesen Momenten versunken. Rufen sich diese Erinnerungen erneut vor Augen, um das vermisste Gefühl der Kuschelstunden zu erleben. Kalte Luft entweicht ihren Schnauzen. In der Dunkelheit sind Hund und Katz zusammen verschmolzen. Nur eine Silhouette ist zu erkennen. Drei Herzschläge vereint.
„Karl!“
„Felix!“
Eilig klingene Rufe reißen die Beiden entzwei. Schnell laufen sie zurück. Ein kurzes Wedeln als Abschiedsgruß und beide werden wieder in ihrem persönlichen Chaos begrüßt.
Der Tag vergeht. Abends reffen sich beide wieder draußen. Am gleichen Ort - sitzend auf gleicher Stelle. Ihr allabendliches Ritual in dieser stressigen Zeit, um wenigstens ein bisschen Zweisamkeit und Ruhe genießen zu können. Doch heute ist alles anders. Weißer Puderschnee liegt um sie herum. Fröhliches Gelächter, lautes Geschirrgeklapper und leckerer Weihnachtsbratenduft liegt in der Luft.
„Sieh nur, Karl. Jetzt ist alle Hektik vorbei.“
Schnurrend schmiegt sich Felix an seinen Hundefreund. Beide schauen mit großen Augen in die hell erleuchteten Fenster.
„Ja und gleich kommt das Beste, Felix.“ Glücklich grummelnd legt er vorsichtig seinen Kopf an Felix und wedelt erwartungsvoll mit dem Schwanz.
„Karl! Na komm her!“ Eine freudige Stimme erreicht die Beiden.
Karl rennt mit wild wedelndem Schwanze zu seinem Frauchen. In der Hocke kniend wird er liebevoll zur Begrüßung durch gewuschelt. Ach wie ich das vermisst habe! Überglücklich leckt er seinem Lieblingsmenschen feucht durchs Gesicht. Ein überraschtes Lachen erklingt. Karl bellt freudig zur Bestätigung.
„Feeelix! Na komm du, kleiner Pirat!“
Felix scheint ein kleines Lächeln um die Mundwinkel zu liegen. Nun rennt auch er mit aufrecht gestelltem Schwanze eilig nach Hause. Schnurrend schlängelt er sich durch die Beine seines Herrchens und schaut erwartungsvoll rauf. Grinsend wird er von den starken Armen hochgehoben. Sein Schnurren wird noch lauter. Sein Bauch wird endlich wieder ausgiebig gestreichelt.
Weihnachten ist da und all die Hektik nimmt ein Ende. Es ist Zeit wieder genießen zu können.